Start in die Dunkelheit
3. August, die Uhr zeigt 2 Uhr, tiefste Nacht: Die Stirnlampen der beiden Bergsteiger Roger und Romano durchdringen die Finsternis. Vor ihnen erhebt sich das Massiv, majestätisch und anspruchsvoll zugleich. Es ist die Mischung aus Abenteuerlust und purer Leidenschaft für den Berg ist es, die sie antreibt. Ihr Ziel ist klar: eine Climb & Fly Kombination umsetzen, die schon seit einem Jahr auf der gemeinsamen Wunschliste der beiden steht. Die Tour startet das Duo mit dem Mittelpfeiler. Die Stirnlampen flackern in der Kälte, als die beiden Alpinisten Meter für Meter an Höhe gewinnen. Der Himmel färbt sich langsam orange. Für Roger ist dieser Pfeiler eine Premiere, für Romano ist ein routiniertes Abenteuer in seinem Heimatgebiet.
Fliegen als Shortcut
Zeit zum Innehalten? Fehlanzeige. Oben angekommen, bereiten Roger und Romano ihre Schirme vor. Vom Wind lassen sie sich zum Einstieg des Westpfeilers tragen. Dieser Abschnitt der Palü Trilogie hat es in sich, vor allem zu dieser Jahreszeit – für Roger klettertechnisch herausfordernder als erwartet. Es ist der am wenigsten bestiegene Pfeiler der drei. Stark ausgeapert, brüchig und von massivem Steinschlag heimgesucht. Aufgrund der schwierigen Bedingungen wägt das Team ab, ob es nicht besser sei umzukehren. Eine andere Option ist, in der Pfeilermitte einfach über einem Serac rauszufliegen. Nach kurzem Abwägen erscheint es dem Team als vernünftiger bis zum Gipfel aufzusteigen und dort zu starten. Nach mehreren Stunden anspruchsvoller Kletterei durch Felsen, Schnee und Eis und erreichen sie mit brennenden Muskeln auch den zweiten Gipfel. Müde, aber euphorisch wird beiden klar: Jetzt den Ostpfeiler auslassen wäre mehr als nur schade.
Über Fels und Firn
Mehrere verbleibende Stunden Tageslicht bieten genügend Zeit für ihren dritten und letzten Aufstieg. Wo die Körper schon etwas nach Ruhe verlangen, treibt die Abenteuerlust Romano und Roger weiter an. Der Ostpfeiler erweist sich für die beiden Alpinisten als ein Spaziergang auf einer ansonsten herausfordernden Tour. Über Fels und Firn bahnen sie sich ihren Weg auf den Gipfel. 16 Stunden sind vergangen. Oben angekommen gibt es diesmal gibt es keine Eile mehr. Roger und Romano legen ihre Schirme aus und geniessen den Sonnenuntergang während ihres Fluges zur Diavolezza Talstation.
Abenteuer bis zur letzten Sekunde
Was bleibt, ist die Erinnerung an ein rekordverdächtiges Abenteuer, das jedoch nie auf Schnelligkeit ausgelegt war. 16 Stunden, drei Pfeiler, zwei Schirme, schwierige Bedingungen und eine Geschichte, die wohl nur wenige in dieser Form erleben werden. Climb & Fly ist nicht nur eine Herausforderung für den Körper, sondern auch für den Geist – und genau das macht es so besonders. Unvergessliche Erlebnisse wie dieses, wecken in Roger und Romano immer wieder den Drang, neue Abenteuer zu suchen und die grenzenlose Schönheit des Lebens zu erkunden.
Andys Ausrüstung
Romano ist Bergführer und passionierter Gleitschirmpilot aus dem Schweizerischen Engadin. Er kombiniert am liebsten Hike & Fly mit ausgedehnten XC Flügen.
Roger ist ein international renommierter Alpinist. Neben zahlreichen Kletter-Expeditionen auf der ganzen Welt gilt seine Leidenschaft vor allem dem Eiger. Dort konnte er zahlreiche Erstbegehungen realisieren und ist bereits über 50mal die berüchtigte Eiger Nordwand geklettert.